Es gibt eine Reihe von digitalen Tools, welche bereits für die Öffentlichkeitsbeteiligung eingesetzt werden oder denkbar sind. Die folgende Übersicht über mögliche digitale Werkzeuge basiert auf einer Literaturrecherche und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit (Sinclair et al., 2022; Potamianos, 2019).
Digitale Umweltverträglichkeitsprüfung
Ausschließlich digitale und interaktive Umweltverträglichkeitsprüfung (Sinclair et al., 2022).
Fragen der Öffentlichkeit können per E-Mail beantwortet werden, E-Mail-Verteiler für bestimmte Projekte und UVPs können von Bürger*innen abonniert werden, Diskussionsgruppen können erleichtert werden, sowie Informationen wie Karten, Tagesordnungen und Sitzungsprotokolle leichter verschickt werden (Evens-Cowley und Conroy 2006; Sinclair et al., 2022).
GIS-Karten
GIS-Software kann verwendet werden, um den Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, bei der Gestaltung und Erstellung von Karten zusammenzuarbeiten und/oder direkt Kommentare zu Karten hinzuzufügen (Gordon et al. 2011; Sinclair et al., 2022).
Mobile Beteiligung
Hier geht es um die Nutzung von Mobilgeräten zur Erleichterung der Beteiligung von Interessengruppen. Dazu gehören SMS-Textnachrichten, Blogs, Apps und Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter. Spezielle Anwendungen können für eine Vielzahl von Zwecken wie Crowdsourcing (d. h. Online-Abstimmungen und -Umfragen) sowie für den Informationsaustausch entwickelt werden (Fathejalali und Jain 2019; Sinclair et al., 2022).
Online-Diskussionsforen/Hackathons
Diese können genutzt werden, um den Dialog sowohl zwischen den Teilnehmenden als auch zwischen den Teilnehmern und der Regierung zu erleichtern. In mehrtätigen kollaborative Design-Workshops können Planer, Behördenmitarbeitende, Interessensgruppen und Bürger*innen zusammenkommen, um an alternativen Möglichkeiten eines Projektes zu arbeiten oder an der Lösung eines bestimmten Problems zu arbeiten (Lennertz, 2011). Hierfür können auch Webseiten genutzt werden (Sinclair et al., 2022).
Online-Portale
Auf Online-Portalen können sich Bürger*innen über bestimmte Projekte und Beteiligungsprozesse informieren und Kommentare zu anstehenden Projekten abgeben (Sinclair et al., 2022). Termine für Präsenzveranstaltungen oder Links zu Online-Terminen werden im Portal veröffentlicht. Online-Portale können unterschiedlich gestaltet sein und der Grad der Interaktivität ist von Portal zu Portal verschieden. So können Bürger*innen in manchen Portalen auf die Einwände anderer reagieren und antworten, sowie Umfragen ausfüllen.
RSS-Feeds (Really Simple Syndication)
Ein RSS-Feed ist ähnlich wie ein Nachrichtenticker, der den Nutzer*innen mit kurzen Informationsblöcken versorgt. Diese bestehen in der Regel aus einer Überschrift mit einem kurzen Textanriss und einem Link zur Originalseite. Ein RSS-Feed funktioniert, wie ein Abonnement für bestimmte Inhalte auf Webseiten, sodass sich Nutzer*innen schnell über Änderungen und Aktualisierungen auf Webseiten informiert werden, ohne selbst aktiv „suchen“ zu müssen. RSS kann von Behörden angeboten werden, um Aktualisierungen für abonnierte Interessengruppen in Form von Feeds bereitzustellen. Die Nutzer*innen können dann bestimmte Themen oder Vorhabentypen abonnieren. Dies funktioniert in den meisten Browser wie z.B. Firefox und Google Chrome. Kostenlose Feedreader-Programme sind z.B. Feedreader, Feedly und QuiteRSS. Auch E-Mailprogramm wie Thunderbird (Windows) können RSS-Feeds verwalten (Sinclair et al. 2017; Heinrich Böll Stiftung 2010).
Webseiten
Webseiten können von Regierungen und/oder Behörden eingerichtet werden, um Interessenvertreter*innen über anstehende Projekte und Beteiligungsmöglichkeiten zu informieren und Links zu Online-Beteiligungsportalen, relevanten Social-Media-Seiten und Links zum Streaming und/oder zur Teilnahme an Diskussionsrunden und Veranstaltungen über Skype, Zoom oder andere Plattformen bereitzustellen (Sinclair et al., 2017).
Cloud-basierte Plattformen
Cloud-basierte Plattformen ermöglichen mehr Interaktion für diejenigen, die zu ihnen Zugang haben, als herkömmliche Online-Beteiligungsplattformen. Bisher gibt es nur wenige Beispiele für Cloud-basierte Plattformen, was damit zusammenhängen könnte, dass Behörden bzw. Vorhabenträger*innen kontrollieren möchten, wer Zugang zur Plattform hat und wer Stellungnahmen postet. Dies ist bei einer Cloud-basierten Plattform, die für die Öffentlichkeit zugänglich ist, schwer zu erreichen (Sinclair et al., 2022).
Ein Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung einer Cloud-basierten Plattform wurde von einem Unternehmen der kanadischen Regierung umgesetzt, welche in Zusammenarbeit mit vier First Nations sowie internen und externen Teams ein Wasserkraftwerksprojekt entwickelte. Allerdings konnten hier nur die Partner*innen auf die Cloud-basierte Plattform zugreifen. Die Plattform wurde als kollaborativer Raum für das Team genutzt, um gemeinsam an Dokumenten zu arbeiten und Aktivitäten zu koordinieren (Sinclair et al., 2017).
Das kanadische Unternehmen hatte herausgefunden, dass mehr als 150 Autor*innen die Fragen zur Umweltverträglichkeitserklärung beantwortet hatten. Alle hatten Zugang zu den aktuellen Versionen, Entwürfen und endgültigen Dokumenten, und die Aufgaben wurden automatisiert. Dies führte zu wesentlich kooperativeren Antworten und einer transparenteren und effizienteren Arbeitsweise, da mehrere Runden mit oft großen E-Mail-Anhängen (und der Schwierigkeit, die Versionen zu verfolgen) vermieden wurden (Sinclair et al., 2017).
Visuelle und interaktive Öffentlichkeitsbeteiligung
Auf interaktive, schnelle, transparente und zugängliche Weise werden sämtliche Daten im Rahmen eines Genehmigungs- oder Zulassungsverfahrens visualisiert und gemeinsam genutzt. Dazu gehören Videos, Fotos, interaktive Karten, Tabellen, Infografiken, interaktive 3D-Renderings (Erstellung eines fotorealistisches 2D-Bild auf Grundlage eines 3D Modells) und Audio und geht damit weit über die herkömmliche textbasierte Öffentlichkeitsbeteiligung hinaus. So lassen sich beispielsweise unterschiedliche Projektkonfigurationen erstellen, etwa die Positionierung von Windrädern in einem Windpark, und die Resultate können in 3D dargestellt werden (Sinclair et al., 2022).